Freitag, 24. Juni 2011

Blut

Noch ein wenig Rouge, etwas mehr Liedschatten, grau, wie jeden Tag.
Doch auch die grellsten Farben lassen mich kein Leben in mir erkennen.
Ich starre in den Spiegel uns sehe dort das gleiche wie jeden Tag . Nichts. Meine bleiche Haut, meine graugrünen Augen, mein leerer Blick.
Ich neige den Kopf zur Seite und versuche mich zu erinnern, wie "lächeln" doch gleich funktionierte, wie es aussah, wenn ich einst meiner Familie oder meinen Freunden entgegenstrahlte, wie es sich anfühlte.
Ich erinnere mich nicht mehr.
Freunde. Familie.
Diese Worte hatten schon lange ihre Bedeutung für mich verloren. Dunkel erinnere ich mich, dass sie einst eine hatten, doch welche?
Ich erinnere mich nicht daran.
Ich kann mich nicht erinnern.
Ich will mich nicht erinnern.
Ich erinnere mich an Lachen, Spielen, Tanzen, Freude. Doch das liegt weit entfernt in tiefer Nacht.
Ich erinnere mich an Trauer, Angst, Entsetzen, Schmerz. Doch auch das ist längst gewichen.
Leben. Was ist das? Bin ich am Leben? Und woher weiß ich das, wenn ich es doch nicht fühlen kann?
Ich fühle mich Tod.
Ich neige den Kopf nun zur anderen Seite. Ich sehe nicht mehr in den Spiegel.
Ich sehe auf mein Handgelenk.
Blass zeichnet sich dort eine Ader ab.
Blut. Es fließt durch meinen Körper, wärmt mich, hält mich am Leben.
Doch tut es das? Durchströmt es mich noch? Müsste ich nicht meinen Herzschlag in meiner Brust spüren, meinen Puls fühlen, meine Körperwärme?
Ich friere.
Ich nehme die Rasierklinge von meinem Schminktisch und setzte einen sauberen Schnitt quer über mein Handgelenk. Nur einen einzigen. Das reicht schon.
Ich spüre keinen Schmerz.
Eine rote Linie bleibt. Nur sehr langsam tritt dunkles, zähflüssiges Blut hervor. Beinahe schwarz. Schwarz wie meine Seele. Es rinnt an meinem Arm entlang und tropft nach und nach auf die Fläche darunter. Erst sind es nur kleine Tropfen, dann eine winzige Lache.
Ein Spiegel.
Ich sehe mich darin.
Es glänzt im Licht das von Draußen in mein Zimmer fällt.
Schon lange ist kein Licht mehr auf mich gefallen.
Ich sehe meine Augen und ich weiß,
Ich bin Tod.

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